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Am Samstag, den 09.09. 2006, machten sich ca. 60 Fans von
Eintracht Frankfurt auf den Weg nach Vellmar, um dort die zweite
Mannschaft ihres Vereins zu unterstützen. Ein Teil dieser Anhänger
hat bundesweites Stadionverbot. Unter anderem aus diesem Grund
fuhr man parallel zum Spiel der Profimannschaft der Eintracht in
Siegen vorzugsweise nach Vellmar, da auch laut Wortlaut des an sie
gegangen Stadionverbotsschreibens die Stadionverbote in der
Oberliga Hessen im Prinzip keine Gültigkeit besitzen sondern nur
von Liga 1 bis Liga 3 (alle DFB/DFL-Veranstaltungen). Die Oberliga
Hessen untersteht dem Hessischen Fußball Verband, somit ist das
bundesweite Stadionverbot hier nicht pauschal gültig. Es wurden
im Vorfeld fast alle Spiele der U23, heim wie auswärts besucht,
wo es zu keinerlei Vorfällen gekommen war. Die Anreise erfolgte
dabei diesmal per Bahn mit einer vorab veröffentlichten
Verbindung. Der Polizei war somit bereits im Voraus bekannt, dass
einige Fans zu diesem Spiel reisen werden, diese wurden dann auch
durch Beamte der Bundespolizei begleitet. Die Fahrt verlief ohne
Störungen bis Kassel - Wilhelmshöhe, wo die Gruppe umsteigen
musste, um zum Bahnhof Vellmar zu gelangen. Bereits hier wurde die
Abfahrt des Zuges durch die Polizei verzögert, bis Verstärkung
eintraf. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Es gab keinerlei erwähnenswerte
Vorfälle, nicht im Geringsten. Im Kasseler Hauptbahnhof stiegen
dann weitere Polizisten zu, unter anderem eine Beweis- und
Festnahmeeinheit. Dies kündigten nun an, eine
Personalienkontrolle durchzuführen. Dazu wurde die Gruppe am nächsten
Umsteigebahnhof, Espenau - Mönchehof, aus dem Zug befördert und
am Bahnhof festgehalten. Hier erhielt man die Auskunft des so
genannten „Communicators“ der Polizei, dass, wenn man sich
kooperativ verhalte, diese Kontrolle schnell vonstatten gehen würde
und Personen ohne Stadionverbot das Spiel noch sehen könnten.
Dies war nachbetrachtend Lüge Nummer 1. Als Begründung wurde
angeführt, dass der Verein OSC Vellmar ein Hausverbot gegenüber
Personen mit Stadionverbot ausgesprochen habe. Alle Personen
wurden videographiert, also per Videokamera wurden Gesicht und Körper
genau festgehalten, und rabiat durchsucht. Dabei wurden Leute
durch einige Polizisten mit Ausdrücken wie „[...]unterste
soziale Schicht[...]“, „[...]Abschaum[...]“ oder
„[...]Gesocks[...]“ bedacht. Diese Maßnahme zog sich dann,
entgegen der Ankündigung der Polizei, über einen Zeitraum von
ca. 1,5 Stunden hin, sodass es jedem Eintracht-Fan, ob mit
Stadionverbot oder nicht, schon hier unmöglich gemacht wurde, das
Spiel zu verfolgen. Nach dem Hinweis auf diesen Umstand wurde den
Fans erklärt, man würde nach Beendigung der Kontrolle in einem
Zug nach Frankfurt begleitet werden. Es wurde allen Anwesenden
noch zusätzlich Platzverbot für den Raum Kassel/Vellmar
ausgesprochen. Nachdem dann alle Personen kontrolliert wurden, kam
es durch die Polizei zu Lüge Nummer 2. Es wurden einige Personen
aufgerufen, die sich laut Ankündigung "[...]um die
Ecke[...]" ihren Personalausweis abholen sollten, da für sie
die Personenkontrolle beendet sei. Nachdem diese Personen dem
Aufruf gefolgt waren, wurden sie hinter das Gebäude geführt.
Hier wartete allerdings mitnichten ihr Ausweis, sondern ein
Gefangentransporter, der die Fans zum Polizeipräsidium Kassel
brachte, um sie dort noch länger in einer Zelle festzuhalten.
Dies geschah, ohne dass es den restlichen Fans möglich war, die
Szenerie zu beobachten. Auch hier wurde wieder kein Unterschied
zwischen Personen mit Stadionverbot und Personen ohne
Stadionverbot gemacht. Eine weitere Schikane leistete sich die
Polizei, indem sie einen unsererseits hinzu gerufenen Anwalt, der
bereits in Vellmar weilte, nicht zu seinem Mandanten ließ sondern
auch ihm ein Platzverbot erteilte. Später wurden dann alle
Personen wieder in den Zug nach Frankfurt gesetzt. Sie hatten bis
hierhin niemanden beleidigt, nichts beschädigt oder sich sonst in
irgendeiner nicht vertretbaren Weise verhalten. Allein ihre
Anreise zu einem Oberliga-Spiel nach Vellmar genügte der Polizei,
diese Fans über Stunden hinweg festzuhalten und zusätzlich auch
noch einige, anscheinend willkürlich ausgewählte, Personen in
Gewahrsam zu nehmen. Auch dem Gastgeberverein ging einiges an
Einnahmen verloren. Und sei es "nur" das Geld für 60
Eintrittskarten, 60 Getränke und 60 Würste.
Die oben beschriebene Maßnahme empfinden wir als nicht
hinnehmbar, zumal Recherchen und Anfragen beim gastgebenden
Verein, dem OSC Vellmar, ergaben, dass der OSC Vellmar NICHT im
Vorfeld von seinem Hausrecht gebraucht machte, um mit
Stadionverbot belegten Fans den Eintritt zu verwehren, sondern
ganz im Gegenteil erst während des Spiels von der Polizeiaktion
erfuhr.
Der Versuch, Fans den Eintritt zum Spiel zu verwehren, das sie
rechtlich problemlos besuchen durften, ging also rein von der
Polizei aus. Es kann nicht sein, dass das Bemühen von Fans mit
Stadionverbot, sich weiter für ihren Verein zu engagieren, und
die zweite Mannschaft lautstark und kreativ zu unterstützen, so
torpediert wird. Wer auch immer diesen Leuten die Absicht
unterstellt, in der Oberliga Hessen allgemein oder in Vellmar
speziell, für negative Schlagzeilen sorgen zu wollen, muss völlig
weltfremd sein. Umso trauriger stellt sich für uns die Tatsache
dar, dass auch nach der WM weiterhin gezielt versucht wird,
gewisse Fantypen loszuwerden und diese strategisch zu attackieren.
Ultras Frankfurt, September 2006 |
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