Das nachstehende Konzept der UF-Jugend wurde im Herbst 2005 dem Vorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG präsentiert.
„Konzeptuelle
Ausarbeitung - Stadionverbot auf Bewährung“
1.) Hintergrund
Da es für aktive Fans jedoch kaum etwas Schlimmeres als ein Stadionverbot gibt und eben diese unseres Erachtens nach viel zu schnell und willkürlich ausgesprochen werden, erarbeiteten Ultras Frankfurt ein Konzept für ein „Stadionverbot auf Bewährung“, dessen Umsetzung wünschenswert wäre und parallel zu einer Anpassung der Stadionverbotsrichtlinien geschehen könnte.
Wir appellieren damit an die soziale Verantwortung des Vereins. Wir möchten im Folgenden also vorstellen, wie durch (Re-)Integration anstelle von Aussperrung zum einen die Fankultur am Leben erhalten werden kann und zum anderen auch der Verein einen Nutzen davon ziehen kann. Das Beispiel des bundesweit betrauerten Selbstmords des 23 Jahre jungen Bielefeld-Fans Brian hat aufgezeigt, dass Aussperrung manchmal das falsche Mittel ist. Wir wollen im weiteren Verlauf aufzeigen, warum Prävention und Reintegration gerade bei jugendlichen Fans von enormer Bedeutung sind und gegenüber repressiven Maßnahmen an Bedeutung gewinnen sollten. Das Modell ist an ähnliche, schon vorhandene Konzepte anderer Vereine angelehnt. Unserer Ansicht nach ist unser Konzept auch mit den Forschungsbefunden renommierter Sportsoziologen (Pilz, Schwier et al.) vereinbar und somit auf der Höhe der Zeit.
2.) Ziele
Ziel des Konzeptes ist die Reintegration (auf verschiedene Arten und Weisen) von einem Teil der mit Stadionverbot betroffenen Personen, und zwar in folgender Abstufung.
Fans, die…
a)
unschuldig bestraft wurden
(evtl. mit eingestelltem Verfahren)
b)
wegen Nichtigkeiten oder Bagatelldelikten bestraft wurden (evtl. mit
wegen Geringfügigkeit eingestelltem Verfahren)
c)
nachweisbar einen Delikt im Stadionumfeld begangen haben, aber bei denen
die Perspektive besteht, dass erneute Stadionbesuche zu keinem weiteren auffälligen
Verhalten führen würden (Dies betrifft vor allem jugendliche Fans mit dem
vorhandenen, einsichtigen Willen zur Besserung und besonders ausgeprägter
Beziehung zum Verein)
3.)
Konzeptvorstellung
Unsere Idee knüpft an das Hausrecht der Eintracht
Frankfurt Fussball AG an und sieht bei den Personen, die von anderen Vereinen
Stadionverbot ausgesprochen bekamen - abgestuft nach Schwere und Hintergrund der
Tat sowie sozialer Perspektive des Beschuldigten – die Möglichkeit vor,
Heimspiele der Frankfurter Eintracht zu besuchen.
Im neulich von den Fanbeauftragten veröffentlichten „Fan-News #1“ kam zur
Geltung, dass von den 65 von der Eintracht ausgesprochenen Stadionverboten nur 8
auf Anhänger der Frankfurter Eintracht fallen. Diese erfreuliche Minimal-Quote
zeugt von der Tatsache, dass bei Heimspielen der Eintracht nahezu kein
Gefahrpotential von den eigenen Fans ausgeht und dass eher die Drangsalierung
und der repressive Umgang mit Auswärtsfahrern ein bundesweites Problem
darstellt. Die für dieses Konzept wichtigen und bedeutsamen Stadionverbote sind
also die von anderen Vereinen ausgesprochenen Stadionverbote. Wir wissen, dass
die Eintracht Frankfurt Fussball AG keinerlei Einfluss auf die
Stadionverbots-Vergabepraxis anderer Vereine hat; wir erstreben somit nur eine
Aufhebung des Stadionverbots bei Heimspielen. Die Quote von nur 8 auffälligen
und mit Stadionverbot belegten Eintrachtfans zeigt uns, dass die Fans der
Eintracht im überwältigendem Tenor absolut friedfertig und unproblematisch
sind und gerade bei Heimspielen kaum Gefahrpotential seitens der Fanszene
ausgeht. Ultras Frankfurt unterstützen dies damit, dass wir die Kurve pyrofrei
halten und ein kreatives Ausleben in Form von Choreographien etc. anstelle von
Pyrotechnik propagieren. Eine allgemein unterschätzte soziale Arbeit, die wir
da für unseren Verein übernehmen!
Das von uns erhoffte „Heimspielbesuchsrecht“ für
Stadionverbots-Betroffene könnte unserer Meinung nach in folgender Abstufung
erfolgen:
3.1.1.)
Heimspielbesuchsrecht für nachweislich unschuldig bestrafte Fans
Fans, die im Punkt 2.) unter (a) kategorisiert wurden (unschuldig bestraft) sollten nach Prüfung der Vorkommnisse durch die Fanbeauftragten ohne weitere Auflagen Heimspiele besuchen dürfen.
3.1.2.)
Heimspielbesuchsrecht unter Auflagen bzw. sozialer Arbeit
Fans, die im Punkt 2.) unter (b) und auch (c) kategorisiert
wurden sollten zu einem Gespräch
mit den Fanbeauftragten oder anderen geeigneten Ansprechpartnern geladen werden,
in dem der zum Stadionverbot führende Vorfall noch einmal besprochen wird, und
der Beschuldigte sich rechtfertigen darf. Kann man von den Aussagen und den
Einstellungen des Beschuldigten offenkundig auf ein Gefahrpotential schließen,
ist das „Heimspielbesuchsrecht“ zu verweigern. Zeigt der Betroffene Reue und
Verständnis und Streben nach Besserung lässt dies die Perspektive zu, dass von
der Person keine Gefahr bei Heimspielen ausgeht und das
„Heimspielbesuchsrecht“ sollte erteilt werden. Das Aufgabenspektrum der
Fanbetreuung wäre nun etwas ausgeweiteter, sollten diese die Gesprächspartner
für die Beschuldigten darstellen. (psychologische Aufgabenkomponente)
Ergänzend plädieren wir für die Einführung von
Sozialstunden für Eintracht Frankfurt. Dies kann natürlich nur auf
freiwilliger Basis geschehen. Durch diese Freiwilligkeit könnte man nun als
Betroffener seinen Willen zur Besserung abermals untermauern und gleichzeitig
seinen Verein tatkräftig unterstützen und damit die Verbundenheit zum Verein
demonstrieren. Ein Großteil gerade der jugendlichen von Verboten betroffenen
Fans wäre umgehend bereit, für ein „Heimspielbesuchsrecht“ und als
moralische Aufarbeitung der Fehlverhalten, die zum Stadionverbot führten,
derartige Sozialarbeit für den Verein zu leisten. Dies haben unsere Gespräche
an der Fanbasis deutlich gezeigt.
Der Umfang der Sozialarbeit sollte in Arbeitsstunden
gemessen werden und abhängig von dem Hintergrund und der Schwere der Tat
sowie der sozialen Perspektive des Beschuldigten sein.
Möglichkeiten der sozialen Arbeit:
-
Sozialstunden am Vereinsgelände am Riederwald (Sanierung, kontrollierte
und geplante Verzierung durch Eintracht-Graffities)
- Sozialstunden im Fanprojekt (Büroarbeit) oder an der „Baustelle“
Louisa
- Sozialstunden in Form eines freiwilligen Praktikums bei der
Eintracht-Geschäftsstelle (Kartenservice, Hausmeisterei etc.)
- Soziale Arbeit bei Amateurspielen der Eintracht (Balljunge, Aushilfe beim
Karten- und Essensverkauf)
Weiteren Ideen, Abänderungsvorschlägen oder Einwänden
der Eintracht Frankfurt Fussball AG stehen wir mit einem offenen Ohr gegenüber.
Grundlegend möchten wir aber an dem „Bewährungssystem“ festhalten. An
einigen Beispielen zeigt sich , dass sich das Aussprechen von Stadionverboten
negativ auf die soziale Entwicklung von vornehmlich jugendlichen Fans auswirkt.
Der Mangel an Arbeitsstellen und Ausbildungsmöglichkeiten und die generelle
soziale Situation in der Bundesrepublik, inklusive dem Zerfall der Familie und
der Werte, führen dazu, dass Jugendliche ihre ganze Freizeit und Aufopferung in
den Verein investieren und durch die Beziehung zum Verein Hoffnungen schöpfen.
Nur muss diese Beziehung auch eine wechselseitige sein. Reines Aussperren ist
keine langfristig orientierte und tragfähige Lösung. Gerade jugendliche Fans
benötigen die Gelegenheit des Stadionsbesuchs, der ja gewissermaßen auch in
ritualisierter Form zu einem Triebabbau führt durch gemeinschaftliches Singen,
Gröhlen und Springen. Bekommen sie dies genommen, entsteht hier gefährliches
Potential, wenn die vornehmlich jungen Fans vor die Tür gesetzt werden und in
den Städten rumlungern. Erziehung bedeutet das Verdeutlichen von Fehlern aber
auch das Gewährleisten einer „zweiten Chance“. Die Justiz arbeitet seit
jeher mit dem Prinzip der Bewährung, ein Prinzip, das nicht mehr wegzudenken
und nahezu selbstverständlich ist. Unser Anliegen ist es nun, dass diese vernünftigen
Prinzipien auch in die Fankultur und in den Fussball Einzug erhalten, um auf
soziale und demokratische Art und Weise Vorbild zu sein. Der Fussball hat so
einen enormen Stellenwert in unserer Gesellschaft, dass er sich in Sachen
Fanarbeit solche altbackenen, unfairen Richtlinien nicht mehr leisten kann.
4.) Fazit und
Schlusswort
Wir erhoffen uns durch das Vorlegen unseres Konzeptes eines
Stadionverbots auf Bewährung, dass sich die Eintracht Frankfurt Fussball AG
auch mit besagter Ausarbeitung auseinandersetzt und erwarten eine Form des
Feedbacks bzw. wie man zu der Idee des „Heimspielbesuchsrechts“ steht und
inwiefern man an einer Umsetzung, wenn vielleicht auch nur in Teilbereichen,
ernsthaft interessiert ist.
Sollte man unser Konzept als realitätsfremd oder nicht
umsetzbar deklarieren, hielten wir alternative Lösungsansätze für angebracht.
Wir als Ultras Frankfurt wünschen uns, dass die Eintracht
Frankfurt Fussball AG ihren sportlichen wie auch wirtschaftlichen Höhenflug
auch auf den Bereich der Fanarbeit überträgt und willens ist, emanzipatorisch
und innovative Wege zu gehen, um die Fankultur in Frankfurt nicht zu gefährden.
Dazu zählt unabdingbar die Reintegration der von (ungerechtfertigen)
Stadionverboten betroffenen aktiven Fans.
Die Fans haben durch ihren unbändigen und lautstarken
Support einen großen Anteil am Aufstieg und am Ruf des Vereins. Die Eintracht
braucht ihre Fans, und zwar im Stadion.
Sollte es zu keinerlei Feedback seitens der Eintracht
Frankfurt Fussball AG kommen und sollte unser Anliegen respektive Konzept völlig
ignoriert werden, behalten wir uns weitere Maßnahmen vor, hierzu zählt bspw.
ein Boykott der Stimmung in der kommenden Saison.
Wie verweigern uns dagegen, reine Stimmungsprotagonisten zu
sein, die aber bei ernsthaften Problemen unerhört bleiben und verleugnet
werden.
Mit der Hoffnung, Gehör zu finden
und auf eine gemeinschaftliche, vertrauliche Basis zurück
zu finden
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