Die DROOGS zum Thema Stadionverbot - Teil II
Willkürliche und unberechtigte Stadionverbote

Das Problem der deutlichen Zunahme an Stadionverboten, die willkürlich, meist zu unrecht erfolgen ist erschreckend. In dieser Rubrik gibt es zwei Spielarten. Zum einen Stadionverbote, die ausgesprochen werden, weil man zur Tatzeit zufällig mehr oder weniger in der Nähe war, als sich eine Straftat ereignet hat (Bsp. 1) und zum anderen Stadionverbote, die künstlich generiert werden (Bsp. 2).

Beispiel 1: Ein Bus hält, am Ort wird von einer unbestimmten Person/Gruppe eine Straftat begangen, die Polizei kann den Täter nicht ermitteln. Alle bekommen Stadionverbot, wobei nachweislich nicht alle beteiligt gewesen sein konnten.

Beispiel 2: Ein Fan sprüht an einer Autobahnbrücke ein Graffiti. Die Polizei kann denjenigen ermitteln und stellt Strafanzeige wegen Sachbeschädigung. Wegen dieser Sachbeschädigung erhält der Fan Stadionverbot obwohl das Besprühen von Autobahnbrücken kein fußballspezifisches Problem darstellt.

Warum ist das so?

Der Grund für diese Handhabung liegt an den DFB-Richtlinien. Denen zufolge soll ein Stadionverbot dann ausgesprochen werden, wenn ein Ermittlungs- oder sonstiges Verfahren eingeleitet wurde oder eine Ingewahrsamnahme vollzogen oder ein Platzverweis ausgesprochen wurde und zusätzlich der Verdacht besteht, dass die Person eine Straf- oder Gewalttat begehen wollte oder ein schwerwiegender Verstoß gegen die Stadionordnung vorliegt.

Angefangen damit, dass „wenn der Verdacht besteht“ (der besteht bei der Polizei meist) und „schwerwiegender Verstoß gegen die Stadionordnung“ (wer bitte entscheidet, was schwerwiegend ist und was nicht?) verdammt ungenaue Formulierungen sind und willkürlicher Auslegung Tür und Tor öffnen, bis hin zum Automatismus der sich aus einer einfachen Ingewahrsamnahme oder der Einleitung eines irgendwie gearteten „sonstigen“ Verfahrens ergibt, ist dieses Werk des DFB die Ursache allen Übels.

Vor allem den zuletzt angesprochenen Automatismus, macht sich die Polizei zu Nutze. Wird beispielsweise ein Polizist beleidigt, erstattet dieser Anzeige wegen Beamtenbeleidigung. Wegen diesem Tatbestand erhält der „Täter“ dann ein Stadionverbot von fünf Jahren (so ist es einem DROOGS-Mitglied ergangen). Dabei ist es gar nicht nötig wirklich beleidigt zu haben, dass wird einfach behauptet, denn es genügt ja die „reine Einleitung eines Verfahrens“, selbst wenn es später eingestellt werden sollte, dass Stadionverbot bleibt erst mal!

Außerdem stellt sich hier wieder die Frage, aus welchem Grund es für eine Beamtenbeleidigung neben dem juristischen Prozess auch noch ein Stadionverbot gibt und wieso das Stadionverbot für völlig überzogene fünf Jahre gelten soll. Mal ganz davon abgesehen, dass oftmals von der Polizei auch noch nach Kräften provoziert wird.

In letzter Zeit wird auch gerne „Landfriedensbruch“ („Der Beschuldigte war Rädelsführer und hat die Masse zu Gewalttätigkeiten ermuntert“) angezeigt, natürlich völlig unhaltbar, aber das liest sich gut und da kann man dann auch gleich mal einen Eintrag in die Datei Gewalttäter Sport initiieren.

An dieser Stelle muss der DFB nacharbeiten. Der Passus gehört zum Schutz der Fußballfans überarbeitet und präziser formuliert. Nach unserer Vorstellung sollten nur noch Vergehen im unmittelbaren Stadionumfeld mit Stadionverbot geahndet werden. Alles was sich vor den Toren des Stadions / Stadiongeländes abspielt sollte der normalen Strafverfolgung überlassen werden und nicht noch zusätzlich ein Stadionverbot nach sich ziehen. Der DFB ist kein Verfassungsorgan und sollte sich nicht anmaßen dem von der Legislative vorgegebenen Strafmaß auch noch eine weitere Sanktion hinzuzufügen, nur weil die betreffende Person Fußballfan ist.


Ein Auszug von der Seite der Koordinierungsstelle für Fanprojekte (KOS) zu diesem Thema:

In diesem Zusammenhang wird die Aussprache von bundesweiten Stadionverboten und deren ursprünglicher Sinn, als Mittel des Hausrechtsinhabers (i.d.R. die Vereine) gegen natürliche Personen, die sicherheitsbeeinträchtigend Aufgetreten sind, von der Polizei missbraucht, um mit dem Mittel von eingeleiteten Ermittlungsverfahren, formal legitimiert durch die in den „Richtlinien zur einheitlichen Festsetzung und Verwaltung von Stadionverboten“ verschriftlichten Vorgehensweisen und Anordnungen, Jugendliche zu diskreditieren, und eben mit Stadionverboten zu belegen. Dies geschieht verschleiert auf dem Rücken der Vereine, die ja letztendlich Stadionverbote aussprechen müssen (s. §2 Abs. 5 der „Richtlinien zur einheitlichen Festsetzung und Verwaltung von Stadionverboten“) wenn ihnen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bzw. die Durchführung eines sonstigen Verfahrens oder das Vorliegen eines ausreichenden Verdachts der Verwirklichung eines Tatbestandes nach §3 der „Richtlinien zur einheitlichen Festsetzung und Verwaltung von Stadionverboten“, bekannt wird. Die Polizei bedient sich hier scheinbar legitim eines Reppressionsmittels gegen Jugendliche, welches sie im Zuge von tatsächlich strafrechtlich relevanten Tatbeständen (die in den seltensten Fällen vorliegen), so nicht ohne weiteres hat, da hier die Strafprozessordnung für die Polizei verbindlich ist und somit erst nach einem langen Ermittlungsprozess, juristisch Schuld oder Unschuld festgestellt werden kann. Lediglich die Mitteilung von eingeleiteten Ermittlungsverfahren an die Vereine reicht aus, um die Unschuldsvermutung die in Strafrechtsprozessen gilt, außer Kraft zu setzen. In der Beweispflicht seiner Unschuld ist plötzlich der angeklagte Fussballfan und nicht die ermittelnde Polizeibehörde. Erfahrungen zeigen aber, dass eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren nicht zu einer Anklageschrift führen bzw. aus unterschiedlichen Gründen eingestellt werden. In diesem Sinne kann man, in vielen Fällen der Aussprache von Stadionverboten, von einer Vorverurteilung sprechen.

Die wenigsten Fälle der Aussprache von Stadionverboten werden direkt von den Vereinen auf Grund eigener Wahrnehmungen von sicherheitsbeeinträchtigendem Verhalten durch Fans, getätigt. Die meisten Stadionverbote werden ausgesprochen auf Grund von Informationen über eingeleitete Ermittlungsverfahren durch die Polizei an die Vereine.

Insofern ist mit der Umsetzung und Wirksamkeit der „Richtlinien zur einheitlichen Festsetzung und Verwaltung von Stadionverboten“ eine juristisch zu klärende Grauzone entstanden, die von der Polizei, solange sie nicht geklärt ist, in unzulässiger Weise forciert genutzt wird, um nicht zuletzt sich selbst zu legitimieren. Leider geschieht dies, unreflektiert und unkontrolliert von der Öffentlichkeit, zu Lasten oftmals unschuldiger jugendlicher Fussballfans.

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